Kapitel 8
Wir starten die Transformation: Betroffene werden zu Beteiligten

Donnerstag, 11.01.2018

Heute ist erweitertes Steuergruppenmeeting, d. h., es tagen die Projektgruppe und die Geschäftsführung. Ausgangspunkt ist das Meeting zwischen der Geschäftsführung und mir vom 21.12.2017 (Kapitel 1). Dieses Meeting knapp vor Weihnachten war, hinterher betrachtet, eher ein Krisenmeeting als ein Evaluierungsmeeting.
Im heutigen Meeting präsentiert die Geschäftsführung ihr Bekenntnis zur Transformation und der damit einhergehenden Muster- und Haltungsveränderung. Das Thema Haltung wird uns in dieser Transformation noch sehr lange begleiten. Durch ihr Bekenntnis zur Transformation weckt die Geschäftsführung auch innerhalb der Projektgruppe Erwartungen, denn die Mitglieder wünschen sich von der Geschäftsführung eine entsprechende Veränderung. In den letzten Monaten fühlte sich die Projektgruppe oftmals von der Geschäftsführung nicht genügend unterstützt. Vor allem bei disziplinären Themen bzw. bei übergriffigem Verhalten gegenüber der Projektgruppe hatte die Geschäftsführung nicht klar genug agiert. Das bedeutet jetzt aber auch, dass die Geschäftsführung letztlich auch bei der Projektgruppe auf dem Prüfstand steht. Hier rückt wieder die Leitfrage in den Mittelpunkt: „Wissen Sie, worauf Sie sich einlassen, haben Sie eine Vorstellung davon, was auf Sie zukommen wird? Wollen Sie das wirklich?“
Heute geht es aber auch um die Hypothese 3.

Hypothese 3: Solange die Mitarbeiter*innen von der Transformation     betroffen sind, aber es nicht gelingt, sie zu Beteiligten der Transformation     zu machen, werden sie die Transformation in der Zuschauerrolle     verfolgen.

Die Geschäftsführung erklärt kurz die Ergebnisse des Meetings vom 21.12.2017 und die Notwendigkeit, alle Mitarbeiter*innen zu Betroffenen zu machen. Jetzt steigt die Skepsis bei den Projektteammitgliedern sichtbar. Das haben die Geschäftsführung und ich vorhergesehen und daher ist es aktuell wichtig, alle Projektmitglieder von unserem Plan zu überzeugen. Unserem Plan liegt der Wunsch nach einer deutlichen Beschleunigung des Projekts zugrunde. 
Was ist unser Plan? Wir wollen mit dem gesamten Unternehmen einen Zukunftstag gestalten, der von Mitarbeiter*innen des Unternehmens organisiert werden soll. Wir erhoffen uns von dieser Aktion, Verständnis für die Transformation zu erzeugen. Durch das aktive Mitgestalten sollen auch die Energie im Unternehmen für die Transformation erhöht werden und die Mitarbeiter*innen einen Blick nach außen machen können, da wir vermuten, dass sie dies im Alltag selten bis nie tun.
Der Zukunftstag soll aktuelle Themen, Marktbedürfnisse und Zukunftsthemen ansprechen.

Daher skizzieren wir folgende Struktur.

Zukunftstag
 
    Abb. 10: Zukunftstag, Projektunterlagen anonymisiert

So weit, so gut. Die Projektgruppe zeigt sich vom Konzept begeistert und möchte gleich voller Tatendrang mit den Vorbereitungen beginnen. Aber ich bin mit meinen Ausführungen noch nicht zu Ende.
Gleichzeitig schlage ich auch die Installierung eines Sounding Boards vor. 
Sounding Boards werden in Changeprozessen bzw. Transformationen als zusätzliches Reflexionsgremium bzw. Teilprojektgruppe eingesetzt. Die Aufgabe ist wörtlich, ein Ohr in der Organisation zu haben. Hier ist allerdings Vorsicht geboten, denn dies könnte im Sinn von Ausspionieren auch falsch verstanden werden. Das Sounding Board soll als weitere Instanz für die Mitarbeiter*innen für Informationen, Beschwerden bzw. zur Adressierung der Ängste dienen. Darüber hinaus können gut funktionierende Sounding Boards auch als Multiplikatoren der Transformation agieren und darüber hinaus entscheidende Impulse geben. 
Das Projektteam ist in der Lage, über das Sounding Board die Stimmung, die Ängste und Wünsche der Mitarbeiter*innen zu erfahren.
Für die Projektplanung ergibt sich eine weitere Möglichkeit, mögliche Hürden und Schwierigkeiten frühzeitig zu erkennen.
Ob ein Sounding Board in der Organisation akzeptiert wird, hängt maßgeblich von der Zusammensetzung ab. Als Grundregel gilt ein maximaler Mix in der Zusammensetzung der Mitglieder. Dabei sollen sowohl Befürworter*innen als auch Kritiker*innen/Skeptiker*innen der Transformation vertreten sein.